SV Salamander Kornwestheim: Als Dank gibt’s Freude und Liebe
22. Jul 2021
Thomas Müller
Amelie Haug spielt Handball und betreut Kinder mit dem Down Syndrom. „Die Erlebnisse mit der Gruppe entschädigen für Alles.“
Ein wenig ärgert sich Amelie Haug momentan, dass sie nicht Handball spielen darf. Normalerweise spielt die 18-Jährige in der ersten Mannschaft des SV Salamander Kornwestheim in der Verbandsliga. Zusätzlich betreut sie schon seit vier Jahren Kinder im Verein 46Plus Down Syndrom Stuttgart. Deren Übungsstunden finden zwar nur online statt, „aber wir bekommen ein total tolles Feedback“. Die Eltern haben schon gefragt, ob nicht eine zweite Übungsstunde wöchentlich möglich wäre.
Online-Stunden können das Miteinander nicht ersetzen
Mit hochroten Köpfen, total ausgepowert, aber mit einem großen Strahlen im Gesicht, hatten sich die Kinder mit geistiger Behinderung am Ende der Stunde immer verabschiedet. Dass sie dies derzeit nicht mehr hautnah erleben kann, schmerzt auch Amelie Haug. „Den Kindern fehlt nicht nur der Sport, sondern auch das Miteinander, der Kontakt“, sagt die Übungsleiterin, die auf Grundschullehramt studiert. Auch wenn sich das Team um Leiterin Natja Stockhause bemüht kreativ zu sein, die Online-Übungsstunden helfen nur bedingt.
In zwei Gruppen – von sieben bis 14 Jahre und von 15 bis 24 Jahre – sind die Teilnehmer aufgeteilt. Mit den Jüngeren haben sie einen virtuellen Ausflug in den Zoo gemacht und sich selbst wie die Tiere bewegt. „So haben sie es leichter verstanden“, sagt Haug. Die Älteren haben zu Ostern ein Terraband bekommen, mit dem sie nun Kräftigungsübungen sowie koordinatives Training absolvieren.
Nicht nur weil ihre Mutter früher schon als Übungsleiterin beim Verein 46Plus Down Syndrom Stuttgart mitgearbeitet hat, ist Amelie Haug zu dieser Gruppe gekommen. „Amelie ist mit meinem Sohn Timo, der ein Handicap hat, quasi Tür an Tür aufgewachsen“, sagt Leiterin Stockhausen. Dies hilft Haug heute. „Ich habe sehr früh gelernt mit Menschen mit Down Syndrom umzugehen“, sagt sie. Dazu gehört auch, dass man mehr auf die Möglichkeiten der Teilnehmer eingehen muss. „Man muss mehr Rücksicht nehmen“, erzählt sie, „die Kinder sind total unterschiedlich, weshalb man die Übungen immer wieder anpassen muss.“
„Ich bekomme so viel Freude und Liebe zurück“
Auch wenn das Leben nach der Pandemie wieder normaler ablaufen wird, auf die Übungsstunde mit den Kindern mit dem Extrachromosom will sie nicht verzichten. Trotz Belastung durch Studium und eigenes Handballtraining. „Natürlich ist es zeitaufwendig, aber die Erlebnisse mit der Gruppe entschädigen für Alles“, sagt sie, „ich bekomme so viel Freude und Liebe zurück, das möchte ich gar nicht mehr missen.“ Schließlich habe der Umgang mit den gehandicapten Menschen sie als Persönlichkeit geprägt: „Ich bin noch offener geworden und verändert die Sicht auf andere Menschen.“
Weil zwischen dem Verein 46Plus Down Syndrom Stuttgart und dem SV Salamander Kornwestheim eine Kooperation besteht, schauten in unregelmäßigen Abstanden auch die Drittliga-Handballer in den Übungsstunden der Kinder vorbei. „Darüber freuen sich die Kinder ungemein“, berichtet Haug. Im Gegenzug feuern die Sportler mit Down-Syndrom-Kinder die Handballer bei deren Spielen an. Wenn sie dann mal wieder spielen dürfen.
Klaus-Eckhard Jost